Shootingstars vor den Toren Münchens
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„Erster gegen Zweiter“ heißt es mit einem Blick auf die ewige Tabelle der 3. Liga, wenn der SV Wehen Wiesbaden den VfL Osnabrück am kommenden Samstag (28. September) in der BRITA Arena empfängt. Im Duell der beiden Dauerkonkurrenten kommt es dabei mit dem Debüt des neuen VfL-Cheftrainers Pit Reimers auch zu einer Premiere an der Seitenlinie.
Seit der Saison 1963/64 sind die Lila-Weißen durchgehend in der zweit- oder dritthöchsten Spielklasse des deutschen Fußballs vertreten. Von den letzten 16 Jahren verbrachten die Niedersachsen dabei zwölf Spielzeiten in der 3. Liga. Nur in den Spielzeiten 10/11, 19/20 bis 20/21 und 23/24 gab es jeweils kurze Intermezzi im Fußball-Unterhaus.
Mit fünf Punkten aus sieben Spielen war der Osnabrücker Saisonstart eher durchwachsen. Lediglich gegen die SpVgg Unterhaching gab es einen 4:2-Sieg, als man in Überzahl die Partie drehte und in der Nachspielzeit noch zwei Tore erzielte. Dem gegenüber stehen Niederlagen gegen Sandhausen, Mannheim, Aue und Cottbus sowie zwei Remis gegen die Zweitvertretungen von Borussia Dortmund und Hannover 96. In das Duell gegen den SVWW geht der VfL als Tabellenvorletzter.
Wenn man die Zweitvertretungen ausklammert, haben die Lila-Weißen (Stand 26. September) nicht nur den zweitwertvollsten Kader der Liga (9,1 Millionen Euro), sondern auch die zwei Spieler mit dem höchsten Marktwert unter den Drittligisten. Mit einem taxierten Wert von 1,3 Millionen Euro liegt VfL-Innenverteidiger Maxwell Gyamfi dabei knapp vor Erik Engelhardt (1,2 Millionen Euro). Bereits im Sommer 2022 wechselte der mit 1,90 Meter hochgewachsene Gyamfi vom Hamburger SV zu den Niedersachsen, für die er in der Aufstiegssaison 22/23 bei insgesamt 35 Drittligaspielen auf dem Platz stand. In der 2. Bundesliga führte er das Team von der Bremer Brücke ein Jahr später stellvertretend für Timo Beermann in 27 Spielen sogar als Kapitän auf das Feld.
Mit zwei Treffern und drei Assists ist Engelhardt bislang an der Hälfte der Osnabrücker Tore direkt beteiligt. Zum 4:2-Sieg gegen Unterhaching steuerte er ein Tor und eine Vorlage bei, beim 1:1 gegen Dortmund bereitete er den Ausgleich vor. Zuletzt folgte auch bei den Niederlagen gegen Mannheim und Aue ein Assist bzw. ein Treffer, sodass der 26-jährige Rechtsfuß in vier der letzten fünf Spiele mindestens einen Scorer aufweist. Noch treffsicherer zeigte sich lediglich der im Sommer zurückgekehrte Ba-Muaka Simakala. Der VfL-Linksaußen steht bereits bei drei Saisontoren, die durch eine Vorlage ergänzt werden.
17 Jahre lang war Pit Reimers bei verschiedenen Jugendteams des Hamburger SV als Trainer tätig. Zuletzt war der 40-jährige Übungsleiter vier Jahre Chefcoach der U21 vom HSV, die er 2023 zur Vizemeisterschaft in der Regionalliga Nord führte und bei der er sich den vom Norddeutschen Fußball-Verband vergebenen Titel als „Trainer des Jahres“ verdiente. Davor trainierte er von 2017 bis 2020 die U17 der Rothosen, mit denen er einen beachtlichen Schnitt von 2,1 Punkten pro Partie holte. Nun folgte vier Tage vor dem VfL-Spiel gegen den SVWW der Schritt zu den Niedersachsen in die 3. Liga.
Ligaübergreifend 30-mal und damit häufiger als gegen jedes andere Profiteam trafen die Rot-Schwarzen bereits auf die Lila-Weißen. Mit elf Siegen und vier Remis bei lediglich sieben Niederlagen ist die Bilanz positiv, wobei die letzte Partie in der BRITA Arena aus Sicht des SVWW ein Spiel zum Vergessen war. Die damals noch von Markus Kauczinski trainierten Hessen unterlagen beim niedersächsischen Schlusslicht mit 0:1. VfL-Flügelstürmer Christian Conteh erzielte nach rund einer halben Stunde den einzigen Treffer des Tages, während Thijmen Goppel nur den Pfosten traf (36.) und der Ausgleich von Aleksandar Vukotic wegen eines vermeintlichen Foulspiels nicht gegeben wurde (64.).
In 15 der letzten 18 Spielzeiten trafen der SVWW und die Osnabrücker aufeinander und erlebten dabei gleich mehrfach Historisches. Am 17. August 2007 bestritt der SVWW das erste Zweitliga-Spiel seiner Vereinsgeschichte gegen den VfL und im März 2020 feierten die Hessen mit einem 6:2 an der Bremer Brücke ihren bis heute höchsten Zweitliga-Sieg. Die vielleicht kurioseste Verbindung zwischen beiden Vereinen ergab sich jedoch am letzten Drittliga-Spieltag 22/23 und das, obwohl sich die beide Teams an diesem Tag nicht einmal auf dem Platz gegenüberstanden.
Stattdessen spielte man im Fernduell um den Aufstieg in die 2. Bundesliga, wobei der VfL mit dem minimalen Vorsprung von nur einem Tor in die entscheidenden 90 Minuten ging. Der SVWW gewann 1:0 gegen den Halleschen FC und setzte die Truppe des damaligen VfL-Cheftrainers Tobias Schweinsteiger dadurch im Duell gegen die Reserve Borussia Dortmunds unter Druck. Als in der BRITA-Arena bereits abgepfiffen war, lagen die Lila-Weißen noch mit 0:1 zurück und die niedersächsischen Aufstiegsträume schienen geplatzt zu sein. Doch Simakala und Jannes Wulff machten in der vierten und sechsten Minute der Nachspielzeit das schier Unmögliche möglich und drehten die Partie. Die Rot-Schwarzen rutschten zurück auf den Relegationsrang und lösten dort gegen Arminia Bielefeld wenige Tage später doch noch ihr Aufstiegsticket.