Greilinger: „Hätten platzierter schießen können“
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Wenn am kommenden Freitag (16. August, 18 Uhr) der SV Wehen Wiesbaden im Rahmen der 1. Runde des DFB-Pokals den 1. FSV Mainz 05 in der BRITA Arena empfängt, kommt es nicht nur zum Vergleich zwischen „David gegen Goliath”. Viel mehr erwartet die Zuschauer ein echtes Nachbarschaftsduell zwischen den nur 10 Kilometer Luftlinie voneinander entfernten Teams, die seit mehr als 15 Jahren auf ein Pflichtspiel gegeneinander warten.
Im Sommer 2004 war es endlich so weit! Nach zwei vierten Plätzen im Fußball-Unterhaus stieg der FSV mit Cheftrainer Jürgen Klopp erstmals in die Bundesliga auf. Nach drei Jahren in Deutschlands höchster Spielklasse, dem Abstieg 2007 und einem erneuten vierten Platz in der 2. Bundesliga endete im Jahr 2008 Klopps insgesamt mehr als siebenjährige Ära in Mainz. Jörn Andersen übernahm als neuer Cheftrainer und führte die 05er in seinem ersten Jahr 2009 direkt zurück in die Beletage des deutschen Fußballs. Seitdem ist der FSV quasi unabsteigbar und geht aktuell in seine bereits 16. Bundesliga-Spielzeit in Folge.
Mit zwei Kantersiegen startete das Team aus der rheinland-pfälzischen Landeshaupt in die Sommervorbereitung. 13:0 hieß es am Ende gegen den A-Ligisten TSV Langenlonsheim-Laubenheim, 8:0 stand beim Test gegen den Verbandsligisten FC Basara Mainz nach 90 Minuten auf der Anzeigetafel. Mit einem 0:3 gegen die zum damaligen Zeitpunkt bereits unmittelbar vor dem Ligastart stehende Eintracht aus Trier folgte die einzige Testspiel-Niederlage. Anschließend gab es gegen Zweitliga-Aufsteiger Preußen Münster (3:1), Ligakonkurrent Holstein Kiel (2:0) und den französischen Erstligisten Montpellier HSC (3:1) jeweils Siege mit gleich zwei Toren Vorsprung.
Acht Neuzugänge haben die Mainzer in diesem Sommer begrüßen dürfen. Neben vier Leih-Rückkehrern, einer Beförderung aus der eigenen U19 sowie der Leihe von Armindo Sieb vom FC Bayern München wurden der vom österreichischen Wolfsberger AC gekommene Nikolas Veratschning (0,8 Mio. Euro Ablöse) sowie der aus Japan verpflichtete Kaisho Sano (2,5 Mio. Euro Ablöse) verpflichtet.
Dem gegenüber stehen zehn Abgänge, wobei der prominenteste Verkauf mit dem 20-jährigen Brajan Gruda erst am Mittwoch, zwei Tage vor dem DFB-Pokalspiel gegen den SVWW, erfolgte. In den Medien ist von einer kolportierten Sockelablöse von rund 30 Millionen Euro die Rede, womit der nun beim Premier League-Club Brighton & Hove Albion unter Vertrag stehende deutsche U21-Nationalspieler neuer Rekord-Abgang der Mainzer ist.
Zwei Spieler, die Mainz vorerst wohl nicht verlassen dürften, sind die Eigengewächse Stefan Bell und Robin Zentner. Zweitgenannter wechselte 2007 in die Jugend der 05er und hielt dem Verein abgesehen von einer einjährigen Leihe zu Holstein Kiel seitdem die Treue. 2014 unterschrieb der mittlerweile 29-jährige Keeper seinen ersten Profi-Vertrag und hütete seitdem in 166 Bundesliga- sowie 11 Pokalpartien das FSV-Tor.
Der drei Jahre ältere Innenverteidiger Bell gehört dagegen bereits seit 2010 zum Mainzer Profi-Kader und bringt es auf knapp 300 Einsätze für M05. Seine Zeit in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt war dabei lediglich durch eine einjährige Leihe beim TSV 1860 München sowie einem sechsmonatigen Intermezzo bei Eintracht Frankfurt unterbrochen.
Um das letzte Pflichtspiel zwischen den Mainzern und dem SVWW zu finden, muss lange in den Geschichtsbüchern gegraben werden. Vor mehr als 15 Jahren, im März 2009, gastierte der Nachbar von der anderen Seite des Rheins letztmals für eine Ligapartie in der BRITA Arena. Nach Toren von Elkin Soto (36.) und Srdjan Baljak (90.+1) mussten sich die Rot-Schwarzen seinerzeit mit 0:2 geschlagen geben; umso bitterer, da Sanibal Orahovac in der 21. Minute das mögliche 1:0 für den SVWW aus elf Metern verpasst hatte. Am Ende der Saison trennten sich die Wege beider Mannschaften. Mainz stieg hinter dem SC Freiburg als Zweiter in die Bundesliga auf, der SVWW musste den Gang in die Drittklassigkeit antreten.
Obwohl er die ersten elf Spiele wegen einer Knie-OP verpasst hatte, avancierte Jonathan Burkardt zum Mainzer Top-Torjäger der vergangenen Spielzeit. Acht Tore und zwei Vorlagen sammelte der aus dem eigenen Nachwuchs stammende Rechtsfuß anschließend nahc überstandener Verletzung, allesamt in den letzten 13 Partien, in denen er auf dem Platz stand.
Beeindruckend sind auch die Nationalelf-Statistiken des 24-jährigen deutschen Angreifers. In 44 U-Länderspielen bringt es Burkhardt auf starke 20 Tore, darunter zehn Treffer in 20 Partien für die U21. Neunmal führte er das Team als Kapitän aufs Spielfeld. 2021 wurde er U21-Europameister!
Egal welche Trainerstation man von ihm betrachtet, Bo Henriksen ist überall erfolgreich gewesen. Mit dem Brønshøj BK stieg er 2010 in die zweite Liga Dänemarks auf, ehe mit dem AC Horsens sechs Jahre später der Aufstieg in die dänische Superliga folgte. Beim Spitzenclub FC Midtjylland wurde er Vizemeister sowie dänischer Pokalsieger und abgestiegen war er in seinen bis dato rund 15 Jahren Trainertätigkeit sowieso nie.
Darauf bauten sie auch in Mainz, als sie den 49-jährigen Übungsleiter im Februar 2024 vom Schweizer Erstligisten FC Zürich verpflichteten. Gerade einmal zwölf Punkte hatten die 05er zum damaligen Zeitpunkt aus 21 Spielen geholt. Der Rückstand zum rettenden Ufer betrug bereits neun Zähler. Mit 23 Punkten aus den verbleibenden 13 Partien rettete sich der FSV dank eines fulminanten Schlussspurts als 13. noch den direkten Klassenerhalt. Unter anderem der Champions League-Finalist Borussia Dortmund wurde dabei am vorletzten Spieltag in der Mewa Arena spektakulär mit 3:0 besiegt.
Unter Cheftrainer Thomas Tuchel gelang dem 1. FSV Mainz 05 mit Platz fünf in der Saison 2010/11 die bis heute beste Platzierung der Vereinsgeschichte. Unter anderem der heute noch als Kapitän von Aufsteiger Holstein Kiel in der Bundesliga spielende Lewis Holtby sowie der Vorbereiter des 1:0 im WM-Finale 2014 André Schürrle standen damals im Kader.
Die zweitbeste Ligaplatzierung der Clubhistorie gelang fünf Jahre später in der Spielzeit 15/16 unter Martin Schmidt mit Rang sechs. Dieser hatte auch zur Folge, dass die 05er im darauffolgenden Jahr erstmals in der Gruppenphase eines europäischen Wettbewerbs an den Start gingen. In der Europa League traf man auf den französischen Erstligisten AS St-Étienne, den belgischen Rekordmeister RSC Anderlecht sowie den FK Qabala aus Aserbaidschan und verlor lediglich eine der insgesamt sechs Partien. Neun Punkte reichten am Ende allerdings dennoch nicht, um sich für die Zwischenrunde zu qualifizieren.
Fotos: Jan Huebner